Diecke ist mit ihren 17 Jahren schon eine Hundeseniorin, die aber noch voller Lebenswillen und Kraft steckt. Vor mehr als einem Jahr hatte sie einen Schlaganfall und ist dabei die Treppe heruntergefallen. Seither traut sie sich nicht mehr, die Stufen hoch zu gehen. Doch damit hat sie sich komplett vom Leben abgeschnitten, denn das findet hauptsächlich im ersten Stock statt.
Für Diecke ist die Treppe ein panikgeladenes, unüberwindliches und unheimliches Gebirge. So ist sie seit mehr als einem Jahr sehr viel alleine. Denn ihre Menschin Regine ist auch schon etwas älter und bleibt meist oben, nur zum Schlafen oder wenn Diecke mal raus muss, kommt sie ins Erdgeschoss. Auch der Zugang zum Garten ist in der oberen Etage, da das Haus am Hang liegt. Die beiden Katzen Fips und Tapo, die mit den beiden im Haus leben, flitzen ständig die Treppe rauf und runter. „Hey Dicke, ist doch ganz einfach, die Stufen hoch zu gehen. Schau mal, wir zeigen Dir, wie es geht. Trau dich ruhig, denn wir vermissen dich„, war ihre deutliche Botschaft an Diecke.
Behutsam, mit viel Geduld und Zeit haben Regine und ich nun begonnen, Diecke die Treppe wieder schmackhaft zu machen. Denn andere Treppen meistert die Hündin problemlos, versicherte mir Regine. Ich habe also eine Kombination aus Tiergespräch und Elementen der Trust Technique gewählt, um das Thema anzugehen. Doch zuvor habe ich Diecke gefragt, ob sie das überhaupt noch will.
„Ich will unbedingt wieder nach oben gehen, aber meine Angst ist sehr gross. Deshalb muss das alles in meinem Tempo laufen„, hat mir Diecke bei unseren Gesprächen eindeutig signalisiert.
In mehreren Sessions, die sich immer an der Verfassung von Diecke orientieren, haben wir uns die Treppe Stück für Stück „zurückerobert“. Auch Leckerli sind im Spiel. Doch vor allem soll sie fühlen, dass die Treppe ein friedlicher Ort ist.
Über einige Wochen immer wieder ein paar Stunden haben wir geübt. Und ihr dazwischen Zeit gegeben, darüber nachzudenken und es sacken zu lassen, um dann die Situation neu bewerten und neue, andere Entscheidungen treffen zu können.
„Diecke ist richtig aufgeblüht, sie wirkt deutlich positiver und fitter als vorher„, hat mir Regine gesagt. Und vor allem: Als ich vor etwa vier Wochen das Projekt Treppe begann, ist sie noch nicht mal in die Nähe der Treppe gegangen. Und jetzt hat sie bereits die zweite Stufe erobert. Es bleibt spannend. Aber wie gesagt, alles in Dieckes Tempo.