von | 23.06.23 | Tiergespräche

Mein Seelenkater Stevie ist eins der größten Geschenke in meinem Leben. Er lehrt mich täglich von Neuem, dass jeder Tag wertvoll ist. Es gibt keinen einzigen Morgen, an dem er nicht quirlig-fröhlich morgens vor meinem Bett steht und mir „Komm steh auf lass uns den Tag beginnen“ entgegenmaunzt. 

Stevie ist sehbehindert, er hatte Katzenschnupfen und seine Augen erinnern an zwei große Opale durch die er immerhin Hell und Dunkel erkennen kann. Doch diese Einschränkung macht ihn besonders und vor allem, sie stört ihn ganz und gar nicht. „Ich möchte nicht auf meine Behinderung reduziert werden, ich bin ein ganz normaler Kater“, hat er einmal im Tiergespräch gesagt. „Vor allem habe ich andere Sinne, ich brauche die Augen gar nicht so sehr.“

Stevie und ich haben unsere Rituale. Morgens geht es erstmal an seinen Napf, der muss natürlich gefüllt werden. Dann will er gern in meiner Gesellschaft fressen. Ich mache mir Zwischendurch einen Kaffee, setze mich dann aufs Sofa und er springt auf meinen Schoß. So sitzen wir beiden dann erstmal da. Es ist wie eine kleine Mediation, sein Schnurren beruhigt mich und wir beide genießen einfach nur den Moment.

Genau das ist es auch, was er mir immer wieder beibringen will. „Du bist zu oft in Gedanken und nicht bei mir, das Leben findet jetzt statt“, höre ich oft.

Und ja, da hat er Recht, das ist wohl eine menschliche Eigenschaft, die wir alle nur zu gut kennen. Ich beobachte es oft, wenn ich Menschen sehe, die mit ihren Hunden unterwegs sind. Oft schauen sie aufs Handy und beachten ihren Vierbeiner kaum. Das macht mich dann immer sehr traurig, ich nehme das aber immer als wertvollen Fingerzeig, meine Zeit bewusst mit meinem Tier zu verbringen. Zum Beispiel, indem Stevie und ich uns nachmittags meist eine Stunde hinlegen und gemeinsam etwas ausruhen. Oder auf dem Balkon sitzen und die Sonne genießen.

Stevie bringt mich vor allem immer wieder zum Lachen. Vor allem, wenn er wieder sein Versteckspiel spielt. Er versteckt sich dann irgendwo und wenn ich vorbei gehe, prescht er hervor, um mich zu erschrecken und rast wie ein Besessener durch die Wohnung. Oder wenn wir mit seinem Bällchen spielen und er es liebevoll durch die Luft wirft. Wenn er dann so wilde Phasen hat, kann es schon mal passieren, dass er mit dem Kopf irgendwo gegenballert. Dann schüttelt er sich kurz und weiter geht’s. Das bewundere ich immer so an ihm, auch wenn ich oft denke, dass er sich doch höllisch weh getan haben muss. Er schüttelt den Schmerz einfach ab. „Ich möchte spielen, lachen und mich freuen, das Leben genießen. Schmerz gehört dazu, aber du solltest nicht darin verweilen“, ist seine Botschaft.